Die Transformation der Landwirtschaft rückt in den Fokus gesellschaftlicher Debatten. Viele ökologische Themen stehen auf der Tagesordnung und es gibt auch vorsichtige Ansätze für alternative ökonomische Strategien – von der Veränderung von Förderkriterien über eine ökosoziale Marktwirtschaft bis zur Gemeinwohlökonomie.
Damit es zu einem harmonischen Dreiklang der Nachhaltigkeit kommt, müssen jedoch auch soziale Themen mehr Beachtung finden. Nur dann sind die landwirtschaftlichen Betriebe gerüstet für die enorme Herausforderung, die die kommende Transformation bedeutet.
Hier stellen wir fest: Es gibt keine wirklich gute Analyse der sozialen Fragen in der Landwirtschaft; geschweige denn Lösungsansätze für zahlreiche Probleme. Es geht um die Gestaltung der Lebens- und Arbeitswelt sowohl der Familienarbeitskräfte wie auch der Lohnabhängigen. Es geht um Betriebsmodelle und Eigentumsverhältnisse. Es geht um die richtige Aus- und Fortbildung. Es geht um das Verhältnis von Produzenten und Konsumenten und vieles andere mehr.
Finanzielle Fördermittel werden eine Veränderung sicherlich unterstützen. Aber es braucht mehr. Daher wollen wir uns mit den sozialen Fragen der Landwirtschaft beschäftigen.
Das AgrarBündnis war ein wesentlicher Initiator der Initiative. Es ist ein Dachverband von Verbänden. Doch es war recht schnell klar, dass eine solche Plattform von Menschen mit vielfältigen Kompetenzen und Erfahrungen getragen werden muss. Wir haben daher außerhalb des eigenen Umfeldes Menschen angesprochen, mit uns zusammen eine transdisziplinäre Plattform zu gründen.
Es entstand eine kleine Initiativgruppe mit Dr. Lutz Laschewski (Thünen Institut für ländliche Räume), Prof. Dr. Insa Theesfeld (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg), Ines Fahning (Agrarsoziale Gesellschaft), Jochen Dettmer (Neuland/AgrarBündnis) und Dr. Frieder Thomas (AgrarBündnis). Später kam Dr. Frauke Pirscher (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) hinzu. Insa Theesfeld wechselte beruflich in die USA und konnte sich daher nicht mehr aktiv beteiligen.
Diese Gruppe hat ein erstes Treffen vorbereitet. Dabei haben wir gezielt rund 20 Personen angesprochen, von denen wir uns vorstellen konnten, dass sie an einer solchen Plattform Interesse zeigen würden. Wir hatten uns nicht getäuscht. Die Reaktionen waren durchweg positiv.
Eine erste zweitägige Veranstaltung fand im Oktober 2020 satt. Ursprünglich als reales Treffen geplant, musste das Treffen Corona bedingt kurzfristig ins Netz verlegt werden. In konstruktiver Netzatmosphäre gab es einen regen Gedankenaustausch. Einerseits wurden die unterschiedlichen Kompetenzen und Interessen der Anwesenden deutlich. Gleichzeitig war diese Vielfalt auch die Basis für ein produktives gemeinsames Arbeiten.
Auch ein zweites Treffen im Frühjahr 2021 fand im Netz statt. Ein drittes Treffen konnte dann real stattfinden.
Eine Plattform ist eine Bühne, auf der man agieren kann. Diese Bühne bereitzustellen ist das Grundanliegen der Plattform. D.h. konkret: Das AgrarBündnis unterstützt und koordiniert die Aktivitäten. Aber dass bzw. ob etwas passiert, das entscheiden diejenigen, die an dieser Plattform teilnehmen.
Die Ideen und Aktivitäten sind bereits vielfältig.
Fertig gestellt wurde das Memorandum "Soziale Aspekte nachhaltiger Landwirtschaft". Mit diesem Memorandum wollen die Mitglieder der Plattform deutlich machen: In den Agrarwissenschaften, in der Politik und in der Gesellschaft dominiert derzeit ein ökonomisch, technologisch und naturwissenschaftlich geprägter Blick auf die notwendigen Veränderungen der Landwirtschaft. Entsprechend werden Erklärungs- und Lösungsansätze vorwiegend innerhalb dieser Perspektiven gesucht. Die soziale Dimension ist in der Debatte unterentwickelt und es mangelt damit an Ansätzen, die Veränderungen innerhalb der Landwirtschaft als komplexe gesellschaftliche Phänomene zu betrachten. Will man tragfähige Antworten auf die Herausforderungen finden, vor denen die in der Landwirtschaft Tätigen aber auch ihr Umfeld derzeit stehen, dann ist ein agrarsozialer/soziologischer Zugang unverzichtbar.
Konkret hat es bereits Workshops gegeben zu den Themen Lohnabhängige Beschäftigung in der Landwirtschaft und Hofnachfolge. Zum Thema Lohnabhängige Beschäftigung in der Landwirtschaft wird derzeit eine gemeinsame Publikation erarbeitet. Zum Thema Hofnachfolge wird ein Thesenpapier vorbereitet. Weitere Veranstaltungen werden folgen. Auch auf unseren Treffen hat die inhaltliche Diskussion ihren Platz.
Bei unseren Treffen wurde schnell deutlich wurde, dass kaum jemand einen umfassenden Überblick über das verstreute Wissen zu sozialen Fragen der Landwirtschaft hat. Das verstreute Wissen zu sammeln und zu dokumentieren könnte eine Aufgabe der Plattform werden. Auf der noch provisorischen Seite Stand des Wissens könnten wir eine solche Materialsammlung dokumentieren.
Das Projekt wird gefördert von der Landwirtschaftlichen Rentenbank